Die Stadt Obernburg fühlte sich immer als etwas Besonderes: Sie versäumte bei Kaiserwechsel fast nie eine Abordnung nach Frankfurt zu entsenden, um die Bestätigung ihrer so genannten städtischen Privilegien zu erbitten. Ein besonderer Status war für Obernburg allerdings nicht abzuleiten. Im folgenden Artikel ist die genaue städtische Rechtslage der Stadt Obernburg dargelegt. 1
Dieses Oppidanrecht, jus oppidi, war von dem Civitätsrecht, jus civitatis, wesentlich verschieden und letzteres ein viel höherer Grad der Libertation. Wenn eine Stadt reich- oder landesunmittelbar gewesen ist, in politischen und Rechtssachen von den Cent- und Landgerichten befreit war, so genoß sie jura civitatis, wie z. B. Gelnhausen, Miltenberg, Aschaffenburg. War eine Stadt, z. B. Obernburg, Umstadt, Dieburg und Seligenstadt nicht landgerichtsfrei, hatte sie gleichwohl das Recht, sich zu befestigen, Märkte und Gerichte halten zu dürfen, so war sie nur oppidum. Die Libertations-Urkunden drücken zwar diesen bedeutenden Unterschied meistens nicht aus, ja sie verweisen oft eine neue Stadt, die nur Oppidanrechte genießen soll, auf die Rechte einer anderen, welche landgerichtsfrei ist. Da nun dergleichen Libertations-Urkunden zuweilen mißverstanden worden sind, so gab König Ludwig der Baier im Jahre 1332 auf Anfrage der Stadt Gelnhausen, nach deren Muster viele benachbarten Städte more solito gefreit worden sind, ohne dass sie jedoch landgerichtsfrei werden sollten, folgende authentische Erklärung dahin. „Undt meynen nit, daz dieselben Stedte, Merkte odir Dörfer alle alte fryhunge undt besundir genode sullen haben, die Geylnhusen undt ander unser des Richs Stede innhabend.“ (Siehe Bodmann rhein Alterth. 2 Abth. S. 887) Die Stadt Obernburg war früherhin lang in Versuchung aus dem Grunde Civitätsrechte anzusprechen, weil sie auf die landgerichtsfreie und landesunmittelbare Stadt Miltenberg hinverwiesen war: Bodmann i. c. 1. Abth. S. 132 Note 1 bemerkt daher von dieser Stadt folgendes: „Gleichwohl spukten diese Ausdrücke hie und da manchen unter ähnlichen Formen libertirten Landstädten mächtig im Kopfe, die nicht selten in vollem Ernste glaubten, dadurch nunmehr vom Lande und dessen Regierung emancipiert und reichsunmittelbar geworden zu seyn, wie denn die kurfürstliche Regierung zu Mainz noch im vorigen Jahrhunderte sich veranlaßt gesehen, den unruhigen, mit gleichem Schwindel behafteten Köpfen des Städtchens Obernburg den wahren Sinn solcher Urkunden magistraliter begreiflich zu machen und sie zu ihren Pflichten zurückzuführen. (…)“
Peter Burkart
1 J.W. Steiner: Geschichte der Städte Umstadt und Babenhausen, Zweiter Theil 1827, S. 237-238
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