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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Die Post in Obernburg

Im Dezember 1937 wurde mit einem aufwändigen Richtfest das neue Postgebäude in der Römerstrasse 51 seiner Bestimmung übergeben. Das 65-jährige Bestehen dieses Dienstgebäudes war Anlass, ein wenig über die Geschichte der Post in Obernburg nachzufragen und nachzulesen.

Ursprünglich verlief die Postroute von Miltenberg nach Aschaffenburg auf der rechten Mainseite. In  Elsenfeld  war  eine  Poststation, die aber bereits 1678 aufgelassen wurde. Am 11. Januar 1750 wurde die Postroute auf die linksmainische Seite verlegt und führte von Obernburg über Niedernberg – Leider – Stockstadt nach Frankfurt. Friedrich Anton Merget, Gastwirt “ZUR SONNE” (am Platz der heutigen Sparkasse), wurde Posthalter, nachdem er dem Fürsten Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis den Treueeid geleistet hatte. Sein Nachfolger wurde 1768 der Gastwirt Adam Helm, womit die Poststation in das Gasthaus “ZUM OCHSEN” wechselte.

Nachdem Anfang des 20. Jahrhunderts die Gastwirtschaft auf die andere Strassenseite wechselte, war in diesem Gebäude außer der Poststation ab 1910 noch das Lebensmittel- und Konditorgeschäft Ferdinand Platz untergebracht. Bis zum Jahre 1915 blieb die Posthalterei in den Händen der Familienlinie Helm/Schwab. Von einem der Posthalter, Herrn Bernhard Helm, sind die Ernennungsurkunde und die Verpflichtungsurkunde erhalten. Die Ernennungskurkunde vom 28.3.1807 beginnt mit den Worten:

1838 starb Bernhard Helm, aber seine Witwe Katharina Helm führte die Postgeschäfte zunächst allein und dann nach ihrer Wiederverheiratung zusammen mit Franz Sickenberger vom Weiberhof bei Aschaffenburg weiter. 1852 wurde dessen Schwiegersohn Alois Schwab Postexpeditor in Obernburg und die Posthalterei wurde in das Kunig‘sche Anwesen (ehemals Gasthaus “ZUR ROSE”; heute Edeka-Geschäft Hornung) verlegt. Es folgten dessen Sohn Hermann und schließlich dessen Bruder Josef Schwab. 1891 im September zog das Postamt in das Anwesen Römerstrasse 240 (heute 51) um, das dieser durch die Heirat mit der Tochter Maria des Landwirts Adam Deckelmann erworben hatte. An diesem Platz blieb es bis zum Jahre 1924 und dann wieder mit einem Neubau ab dem Jahre 1937.

Auch von Alois Schwab ist ein Dienst-Vertrag erhalten, diesmal nicht mehr mit Thurn und Taxis, sondern bereits von dem königlichen Oberpostamt von Unterfranken und Aschaffenburg zu Würzburg unterzeichnet. Auch hier ein kleiner Ausschnitt:

Aerarialdienst = Beförderung innerhalb des zugeteilten Verbreitungsgebietes
Estafette = reitender Bote

Wenige Jahre vorher (bei dem Vertrag mit Andreas Helm) hatte dieser Artikel im 1. Absatz noch gelautet: “..... dürfen nur wohl bekannte, mit guten Zeugnissen versehene, des Fahrens, Reitens und der Straße kundige, mannbare, nüchterne, bescheidene und wachsame Personen als Postillione aufgenommen werden,.....”

In den Dienstverträgen war auch festgehalten, dass der Postexpeditor      ”6 dienst-taugliche Pferde, 2 viersitzige Chaisen, welche gedeckt, von allen Seiten gut verschließbar und mit Laternen versehen seyn müssen” zu unterhalten habe. Außerdem ist genau festgelegt, wie die Chaisen, die Schlitten und natürlich die Pferde zu behandeln sind. Bezahlt wurde er vierteljährlich mit einem bestimmten Prozentsatz von den eingenommenen Postgebühren und einem .."Aversum (Geldbetrag ohne Nachweis) von 225 Gulden jährlich und einem Zuschlag von zwölf Kreuzern pro Pferd”.

Der Obernburger Postexpeditor wurde auch angehalten, sich eine Uniform anzuschaffen, da er an der Grenze des Landes wohne, mit den Posten im Ausland in Berührung komme und die Straße von Allerhöchsten Herrschaften bereist werde.

Zu Beginn der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurden viele Anstrengungen unternommen ein neues Dienstgebäude zu errichten, wobei über den Standort heftig diskutiert wurde: Umbau des Schulhauses, Neubau an der Mainbrücke oder gar ein Neubau auf der anderen Mainseite in der Nähe des Bahnhofes standen ebenso zur Debatte wie der Vorschlag Räume anzumieten. Die Oberpostdirektion Würzburg stellte der Stadt sogar eine Frist von vier Wochen, entweder das Schulhaus innerhalb dieser Zeit zu räumen oder das Postamt würde auf der jenseitigen Mainseite gebaut.

Bürgermeister Wörn setzte schließlich einen Neubau des Postgebäudes durch, “wenn auch der von ihm in Vorschlag gebrachte Platz z.Zt. 100m von dem Mittelpunkt der Stadt entfernt liegt”.
(heute Frühlingstrasse 6)

Die Gegner dieses Standortes führten vor allem an, daß das “verkehrende Publikum mit der Postanstalt an der äußersten nordöstlichen Ecke unseres Städtchens sich abfinden muß. Wie und in welcher Weise, wird es im kommenden Winter am eigenen Leibe verspüren.”

In den kommenden Jahren wurde tatsächlich wegen der räumlich zu kleinen Verhältnisse immer wieder versucht, das Postamt in die Stadtmitte zu bekommen. Bei dem Richtfest im Dezember 1937 betonte Bürgermeister Bräunig, daß bereits vor 1933 Verhandlungen geführt wurden, das Postamt wieder mehr ins Zentrum zu bekommen. Erst 1937, als das Helm‘sche Anwesen frei wurde, konnte der Neubau in Angriff genommen werden.

Unter der Leitung des Architekten Willi Schnatz errichtete die Baufirma Schnatz das Gebäude. Karl-Heinz Schnatz aus Mömlingen hat in einem Gespräch vor kurzem erwähnt, dass er als junger “Stift” damals die Sichtbalken für das Postgebäude mit Ochsenblut habe streichen müssen. Bei der Richtfestfeier wurde auch betont, dass die Stadt Obernburg und die Geschäftswelt große finanzielle Mittel aufgebracht haben um den Kauf des Bauplatzes zu ermöglichen. Ratsherr Dr. Rudolph Klemm wurde besonders genannt, weil er Grund abgetreten hatte, um den Bauplatz zu vervollständigen.

65 Jahre steht nun das Postgebäude, das 1982 eine sehr ansprechende Restaurierung erfahren hat, an seinem heutigen Platz inmitten der Stadt. Von der ersten Poststation in Obernburg im Jahre 1750, der ersten Telegraphenstation 1869, von der Einrichtung der staatlichen Telefonanlage im Jahre 1900 und der in Betriebnahme der Kraftpostlinie Obernburg – Eisenbach – Mömlingen im Jahr 1925 bis zum heutigen Tage hat sich in diesen langen Jahren vieles im gesamten Postwesen, seinen Aufgaben und im Service geändert. Geblieben aber ist “die Post”, die in hohem Grade zum Bild der Obernburger Römerstrasse gehört.

Franz Maier

PS: Am 28.12.2004 wurden Postamt und Postbank geschlossen und in die Römerstraße zur Firma Recknagel verlagert.

Obernburger Bote vom 4.12.1937; städtisches Archiv; Privatunterlagen
Herzlichen Dank an Frau Rosl Baumann, Frau Rosemarie Klimmer und Herrn Manfred Vogl für ihre freundliche Unterstützung.