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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Erste Zentrale Wasserversorgung Obernburgs

Als im Mai 2003 durch den Bruch der Hauptwasserleitung unter der B 426 die Wasserversorgung der Stadt Obernburg kurzfristig gefährdet war,  wurde nicht wenigen Bürgern bewusst, dass die bequeme Versorgung mit dem wichtigsten Lebensmittel nicht so selbstverständlich ist, wie wir es heutzutage gewohnt sind. Vor etwas mehr als hundert Jahren waren Menschen  und Vieh in der Stadt von sieben städtischen, einem öffentlichen Brunnen am Bezirksamt und 16 Privatbrunnen abhängig, die aus dem kiesigen Untergrund das kostbare Nass als “Trink- und Nutzwasser” lieferten. Jeder  Liter musste mühsam aus den acht bis zwölf Meter tiefen Brunnen gepumpt und mit Eimern nach Hause getragen werden.

Grundwasserbrunnen durch Mainhochwasser 1883 stark beeinträchtigt
Im Winter 1882/83 gab es ein starkes Mainhochwasser. Es häuften  sich Klagen, dass die öffentlichen Pumpbrunnen, besonders  der Armenhausbrunnen in der Oberen Gasse oder der Badbrunnen, der Maingassenbrunnen oder der Pfaffenbrunnen durch eindringendes Mainwasser, aber auch durch Jauche aus undichten Pfuhllöchern, durch Spinnen, Ungeziefer oder Schimmel verschmutzt waren.

Oberer Stadtbrunnen vor dem Gasthaus "Zur Sonne", heute Kreissparkasse

Badbrunnen in der Badgasse
(Ecke Untere Gasse)

Am 2. Juli 1883 wurde deshalb im Obernburger Boten ein “absolutes Bedürfniß nach Abänderung” gefordert. Tatsächlich bemühte sich der  Stadtmagistrat unter Bürgermeister Peter Kreß bereits um diese Zeit um die Versorgung der Stadt mit frischem Quellwasser. Die Firma Jooss aus dem pfälzischen Landau legte bald Pläne vor, wie man das Wasser der  Einsiedelquelle im Distrikt Eichelkern des Stadtwaldes fassen und in einer fast fünf Kilometer langen Leitung in die Stadt leiten könnte. Oberhalb des Katzentales, wo heute das evangelische Pfarrhaus steht, sollte  ein Hochreservoir das Wasser speichern und von der Höhe mit dem nötigen Druck in die “Stadtleitungen” abgeben. Das Gefälle von 31 Metern zwischen Brunnenauslauf und Hochreservoir hätte genügt, um das  Einsiedelquellwasser in den Hochbehälter mit einem Fassungsvermögen von 125 cbm zu drücken. Diese Planungen wurden aber offensichtlich wegen der hohen Kosten nicht weiterverfolgt. Der angestrebte Mainbrückenbau, der  1891 vollendet wurde, hatte Vorrang.

Woher sollte das Wasser kommen?
Als 1889 die Stadt Aschaffenburg und 1896 die Stadt Klingenberg die Eröffnungen moderner  Wasserversorgungsanlagen feierten, war der Obernburger Stadtmagistrat 1896 unter Bürgermeister Eduard Deckelmann fest entschlossen, auch  Obernburg mit frischem Quellwasser in Rohrleitungssystemen zu versorgen.  Schon ab 1894 wurden regelmäßige Messungen der Wasserschüttmengen aller umliegenden Quellen vorgenommen. Demnach war die Ergiebigkeit des Einsiedelbrunnens mit 37 Litern in der Minute recht gering. Mit 132  Minutenlitern lieferte der Kieselbrunnen (am Weg zwischen Eisenbach und Lauterhof) fast genau so viel Wasser wie der Hämmelsrainbrunnen (am heutigen städtischen Bauhof) mit 140 Litern in der Minute. In einem  Gutachten vom “technischen Bureau für Wasserversorgung im königlichen Staatsministerium des Inneren” wurde deshalb der Kieselbrunnen als die Quelle herausgestellt, die auch bei geringerer Wasserschüttung ausreichen  würde, um den Bedarf der Stadt zu decken. 1700 Einwohner lebten damals in 304 Wohngebäuden. Bei optimaler Schüttung des Kieselbrunnens hätte die Wassermenge gereicht, jeden der damaligen Bürger mit 115 l pro Tag zu  versorgen. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Quellschüttung großen jahreszeitlichen Schwankungen unterlag. Bald lagen 1896 Pläne der Firma Hilpert aus Nürnberg vor, wie das Wasser des Kieselbrunnens von der  Lauterhofstraße unter der Eisenbacher und Miltenberger Straße durch die Römer-, Julius- und Brunnenstraße zum Hochreservoir in der Brunnenstraße fließen sollte
.

Der Wasserleitungsbau wurde 1899 in Angriff genommen
1899 kaufte die Stadt das Gelände um den Kieselbrunnen, das auf Eisenbacher  Gemarkung lag. Im November 1900 bekam die Firma Kölwel aus Zweibrücken den Auftrag die gesamte Wasserversorgungsanlage zu erstellen. Dabei war die Quellfassung des Kieselbrunnens mit einem Auffangbecken zu bauen.  Eine 4365 Meter lange Rohrleitung mit 12,5 cm Durchmesser sollte von der Lauterhofstraße nach Obernburg verlegt werden. Mehrere Entlüftungen, Sandfänge und Hydranten waren entlang der Verlegestrecke vorgesehen.  Oberhalb der Brunnenstraße musste ein Hochbehälter mit 100 m³ Fassungsvermögen gebaut werden. Berechnungen im Nivellement hatten ergeben, dass das Sammelreservoir für das Quellwasser an der Lauerhofstraße etwa acht  Meter höher lag als der Hochbehälter oberhalb der Brunnenstraße. Der Wasserdruck reichte aus, den Hochbehälter besonders des Nachts zu füllen und an den Hydranten einen ausreichenden Druck für die Brandbekämpfung zu  gewährleisten. Tatsächlich begannen die Bauarbeiten mit der Verlegung des Rohre unter der Staatsstraße nach Eisenbach am 10. Dezember 1900. Der Bezirkstechniker Sixtus Haas koordinierte als städtischer Bauleiter die  vielseitigen Baugewerke.

Der Wasseranschluss war nicht jedermanns Sache
Schon im August 1900 hatte die Stadtverwaltung die Hausbesitzer aufgefordert, in  einer handschriftlichen Liste ihre Bereitschaft zum Anschluss an die Wasserversorgungsanlage zu erklären. Durch Ausschellen machte der Magistrat bekannt: ”Wer bis zum 15. August den Anschluss erklärt, bekommt den  Hausanschluss auf Kosten der Stadt, während spätere Hinzutretende diese Kosten selbst übernehmen müssen.” Trotzdem lehnten von den 345 Haushaltsvorständen 47 den Anschluss zunächst ab, wenige zeigten auch später  keine Bereitschaft eine Wasserleitung ins Haus zu legen.

Der Wasserpreis wurde vom Stadtmagistrat am 9. März 1901 mit 15 Pfennig pro Kubikmeter Wasser festgelegt. Als Mindestabnahmemenge wurden 20  m³ im Vierteljahr angenommen. Der Wasserpreis ermäßigte sich bei einem Verbrauch bis 300 m³ im Vierteljahr auf 10 Pfennig pro m³. Für die Wassermesser war je nach Anschlussgröße der Hausleitung eine Jahresmiete von  zwei bis acht Mark fällig.

Nach einem Jahr reger Bautätigkeit wurde am 16. Dezember 1901 die Wasserversorgungsanlage an die städtischen Kollegien übergeben. Die Bürger  freuten sich über die Annehmlichkeiten des frisch fließenden Quellwassers, das aus den Leitungen sprudelte. Als die Kosten abgerechnet wurde, ergab sich eine Summe von 67.306 Mark für die öffentlichen Anlagen und  25.024 Mark für die Hausanschlüsse.

Wachsende Bevölkerung machte Erweiterungen nötig

Allerdings wuchs nach dem 1. Weltkrieg die Bevölkerung Obernburg stark an. Als die Wassermenge des Kieselbrunnens zur Versorgung  1925 nicht mehr ausreichte wurde auch der Hämmelsrainbrunnen in das Wasserleitungssystem einbezogen. Wegen der tieferen Lage im Mömlingtal musste sein Wasser mit Hilfe eines elektrisch betriebenen  Pumpwerks in das Hochreservoir an der Brunnenstraße gepumpt werden.

Blick über den alten Hochbehälter oberhalb der Brunnenstraße zwischen den Häusern Nees und Priol

Diese Wasserversorgungsanlage aus zwei Quellen erfüllte ihren Zweck bis 1955, bis die stark angewachsene Bevölkerung erheblich größere  Wassermengen beanspruchte.
Heute noch fließt das Wasser aus der Hämmelsrainquelle in teilweise alten Leitungen in das alte Bachbett vor der Annakapelle.

Helmut Wörn

Erinnerung an den alten Badbrunnen in der Badgasse

Sparkassenbrunnen
Oberer Stadtbrunnen nach dem Entwurf des Steinhauermeisters Christian Kress aus dem Jahre 1830 durch die Sparkasse  Obernburg 1987 neu errichtet