hvvlogosw

Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

Inhaltsverzeichnis

Startseite

Vereinsziele, Vorstand

Vereinsgeschichte

Obernburger Geschichte/n

Römische Geschichte/n

Bauwerke und Gebäude

Persönlichkeiten

Mundart

Aktivitäten

Tanz- und Kostümgruppe

Links

Impressum

Datenschutzerklärung

Beitrittserklärung

banner_hvv

Hochwasser

Von Hochwasser spricht man, wenn der Wasserstand von Flüssen für längere Zeit den normalen Pegel deutlich übersteigt. Ursachen können Schneeschmelze oder Starkregen sein. Bei massivem Hoch-wasser kann es zu Überschwemmungen mit Zerstörungsgewalt kommen.

Oft ist ein Hochwasser das Ergebnis einer bestimmten Wetterlage. Die für Mitteleuropa bekannteste ist die „Vb-Wetterlage“, (gesprochen: „Fünf-B-Wetterlage“, V = römisch 5). Eine „Vb-Wetterlage“ ist gekennzeichnet durch die Zugbahn eines Tiefdruckgebietes von Italien über die Poebene oder Nordadria hinweg nordostwärts. Bei dieser Wetterlage werden große Wassermengen über den Mittelmeerraum und die Alpen ins östliche Mitteleuropa verfrachtet. Auch für unsere Gegend kann dies große Auswirkungen haben. Unsere Böden sind zwar im Normalzustand gute Pufferspeicher. Wenn aber Faktoren wie gefrorener, mit Wasser gesättigter oder ausgetrockneter Boden dazu kommen, sind größere Hochwasser vorprogrammiert.

2019_03_01

Das Magdalenenhochwasser von 1342
Das größte überlieferte Hochwasser des zweiten Jahrtausends war das Magdalenenhochwasser im Jahr 1342. Es hat diesen Namen erhalten, weil es seinen Höhepunkt am Magdalenentag, dem 22. Juli, erreichte. Dieses Hochwasser betraf ganz Mitteleuropa. Bei diesem Ereignis wurden an vielen Flüssen die höchsten jemals registrierten Wasserstände erreicht.

In unserer Gegend richtete dieses Hochwasser verheerende Schäden an. Schriftliche Überlieferungen gibt es dazu kaum. Bekannt ist aber, dass es das Kloster Himmelthal besonders schlimm betraf, denn das Kloster liegt wie ein Nadelöhr im Elsavatal. Für den Main hat man die damalige Abflussmenge auf ca. 3500 cbm/Sekunde im Raum Obernburg hochgerechnet.

2019_04_01
2019_04_02

Das Hochwasser von 1784
In Obernburg findet man an der Ostseite der Annakapelle mehrere Hochwassermarkierungen. Danach war das größte Hochwasser im Jahr 1784. Im Winter 1783/84 herrschte strenger Frost. Der Main hatte eine Eisdecke von mehr als einem halben Meter. Als Ende Februar Tauwetter einsetzte, kam es bedingt durch die rasche und starke Erwärmung, die von heftigen Regenfällen begleitet war, zu enormen Schmelz- und Regen-wassermassen und folglich zu Hochwasser. Es wird auch als „Jahrhundert-Eisgang“ oder „Eisflut“ bzw. „Winterhochwasser von 1784“ bezeichnet.

Weitere Hochwassermarkierungen in Obernburg
Am Nordfenster im Untergeschoss der Kochsmühle (früher Eingangstüre) und an einem Pfeiler des Brückenstegs findet man weitere Hoch-wassermarken, und zwar aus den Jahren 1845, 1869, 1876, 1882, 1909, 1940, 1942, 1970. Man kann davon ausgehen, dass nicht jedes Hochwasser markiert wurde. Auch Höhe und Auswirkungen der damaligen Hochwasser sind schwer mit heutigen zu vergleichen. Da ab den 1920er Jahren im Main die heutige Fahrrinne ausgebaggert wurde, konnte danach eine wesentlich größere Wassermenge aufgenommen werden.

Aufzeichnungen der Feuerwehr Obernburg über die letzten 40 Jahre geben genau Auskunft über die letzten Hochwasser. Die für uns zuständigen Pegelstände Kleinheubach waren für 1970 625 cm, 1982 575 cm, 1988 579 cm, 1993 529 cm, 1995 623 cm, 2003 602 cm und 2011 584 cm. Aus diesen Angaben ist ersichtlich, dass es in dieser Zeit genauso viele Hochwasser wie früher gab. Auch die Abflussmengen vom Main am 26.2.1970 mit 1800 m³/Sekunde, am 30.1.1995 mit 1760 m³/Sekunde und am 4.1.2003 mit 1640 m³/Sekunde sind erwähnenswert. Zum Vergleich: Der mittlere Abfluss liegt bei 150/160 m³/Sekunde.

Selbst das Hochwasser von 1970 ist mit den heutigen nicht vergleichbar. Von der Feuerwehr wurde festgestellt, dass mit dem Bau der Umgehungsstraße um 1980 im Bereich des Fußgängersteges eine Engstelle entstand. Mit starker Strömung treibt nun das Wasser zur Annakapellenunterführung herein. Sein Weg führt über den Parkplatz, durch die Gärten, als reißender Strom am Hotel „Karpfen“ vorbei, unter dem Steg hindurch, um an der „Breunig-Unterführung“ wieder in den Main zu gelangen.

2019_05_01

Der städtische Bauhof verschließt wohl die Unterführungen mit Balken. Dies ist aber nur ein Schutz vor Treibgut.

2019_05_02

Als dies vor Jahren versäumt wurde, kamen neben einem herrenlosen Ruderboot und zwei Dixi-Klohäuschen jede Menge Unrat durch die Unterführung und setzte sich auf dem Parkplatz an der Annakapelle und in den Gärten ab.

Die Balken in den Unterführungen dürfen den Eintritt des Wassers nicht verhindern, denn die Umgehungsstraße ist nicht als Damm gebaut. Würde das Wasser auf der Stadtseite abgepumpt, was technisch möglich wäre, unterspülte das Wasser den Straßendamm und es gäbe Setzungen auf der Fahrbahn. Das ist auch der Grund, warum die Feuerwehr gemauerte Keller nicht leer pumpt. Wenn dies tagelang geschehe, würden die Fugen ausgespült und das Haus bekäme Setzungsrisse. Auch neue Gebäude im Hochwasserbereich können Probleme bereiten. Ist der Keller als wasserdichte Wanne betoniert und das Gebäude hat nicht genug Gewicht, kann es aufschwimmen. In solch einem Fall müsste die Feuerwehr das Gebäude fluten.

In Obernburg sind meistens die Untere Wallstraße und die Deckelmannstraße vom Hochwasser betroffen. Die Feuerwehr stellt dann Sandsäcke zur Verfügung. Besonderen Schutz braucht die Kochsmühle. Der untere Eingang muss rechtzeitig mit einer Eisenplatte verschlossen werden. Dann kann die Kochsmühle wasserfrei gehalten werden. Wird aber die Hochwassermarke von 1970 oder 1995 überstiegen, wird es kritisch.

2019_06_01
2019_06_02
2019_06_03 2019_06_04

Für die Annakapelle war das 1970er Hochwasser sehr dramatisch. Die Kapelle war zuvor erst komplett restauriert und trockengelegt worden. Im Außenbereich zum Mühlbach hin war eine neue Mauer errichtet, die mit Ton vom ehemaligen Bergwerk Rück-Schippach abgedichtet war. Aber an der Mainseite stand noch die alte Sandsteinmauer, die viel Wasser durchließ. Drei Wochen pumpte die Feuerwehr rund um die Uhr mit einer TS8/8 das Wasser aus dem Annakapellenbereich. Dazu folgendes: Es ist bekannt, dass damals einige Feuerwehrmänner, die Nachtschicht hatten, sich die Zeit zwischen den Pumpintervallen mit Schafkopfspielen vertrieben. Angeblich so intensiv, dass die Pumpe zwischendurch fast „abgesoffen“ wäre.

Sorgen bereitete das Ausspülen der Mauerfugen durch das Hochwasser an der Mainseite. An ein Abstützen der Mauer getraute man sich nicht, denn dadurch wäre die Last der Mauer nach oben verlagert worden. Schließlich, nach drei Wochen Hochwasser, morgens gegen 6 Uhr, brach die Mauer. Sofort war die Kapelle überflutet. In einer Rettungsaktion wurde die Pumpe, die auf dem überfluteten Altarbereich stand, über die neue Mühlbachmauer bis zur Mühlbachbrücke balanciert. Eine nicht ungefährliche Aktion. Zum Glück fiel am gleichen Tag das Hochwasser noch rasant. Gegen Abend war der Weg um die Annakapelle bereits wieder wasserfrei. Nur wenige Stunden hatten gefehlt, und die Kapelle wäre verschont geblieben. Die alte Mauer wurde danach stabil aufgebaut. Seitdem wird der Kapellenbereich von der Feuerwehr oder auch durch Privatpersonen bei Hochwasser mit Erfolg wasserfrei gehalten. Lediglich der Eingang an den alten Kastanien musste 1995 vorsorglich 30 cm hoch zugemauert werden.

2019_07_01

Aber nicht nur der Main, auch die Mümling kann schlimme Hochwasser haben. Ende März 1988, die Umgehungsstraße war schon in Betrieb, gab es Mainhochwasser. Zusätzlich regnete es im Odenwald sehr stark, um die 50 Liter/m². Als Folge wurde das Mümlingwasser an der Mündung in den Main abgebremst. Der mitgeführte feine Sand setzte sich auf den Mainwiesen ab.

Bis zu ein Meter hohe Sanddünen bedeckten danach die Wiesen. Für die Landwirte war das eine Katastrophe. Tagelang schob Fuhrunternehmer Heinz Schlett mit einer Planierraupe den Sand zusammen, von wo er mit LKWs und von landwirtschaftlichen Fuhrwerken abgefahren wurde. Leider war der Sand so fein, dass er zu nichts zu gebrauchen war. Auf den ganzen Aaräckerwiesen musste zudem von den Landwirten viel angeschwemmter Unrat aufgesammelt werden. Die Wiesen mit der Sandauflage wurden frisch eingesät. Der neu angelegte Biotop an der Mümling war nach dem Hochwasser voll mit Sand gefüllt.

Situation in Eisenbach
Auch unser Ortsteil Eisenbach kann Probleme mit dem Mümlinghochwasser bekommen. Ist der Pegelstand Michelstadt über 200 und in Hainstadt über 390, kann die Wiesentalstraße überflutet werden. Die Mümling hat eine Gesamtwasserlaufzeit von ca. 12 Stunden. Von Michelstadt nach Eisenbach hat die Mümling eine Wasserlaufzeit von mindestens 6 Stunden.

Pegelstände
Die Feuerwehr ruft bei Hochwasser stündlich die Pegelstände von Main und Mümling ab: Vom Main von der ganzen Mainstrecke, um vorhersehen zu können, ob das Wasser steigt oder fällt. Auch größere Nebenflüsse wie Tauber oder Saale werden mit einbezogen.

Ein wichtiger Begriff für die Feuerwehr ist die 100jährige Hochwasserlinie. Sie ist amtlich für jeden Ort festgelegt und ist entscheidend für die Verkehrsführung. Bei einem 100jährigen Hochwasser kann in Obernburg z.B. die Miltenberger Straße im Bereich Ziegelhüttenweg überschwemmt werden. Auch die Umgehungsstraße wird im Bereich Steg überflutet. Die B 469 Richtung Wörth ist dann evtl. nur noch auf der Bergseite frei befahrbar. Im Januar 2011 reichten die Fluten an die Fahrbahn in Richtung Aschaffenburg heran. In der Folge errichtete das Staatliche Bauamt dann an der Mainseite eine Betonschutzwand.

Landratsamt, Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst haben Pläne erarbeitet, wie im Notfall eine Verkehrsführung im Landkreis noch möglich ist. In Obernburg müsste dann eine Umleitung über den Berg erfolgen. Im Landkreis muss zu jedem Ort irgendeine Straßenverbindung erhalten bleiben, denn Notfälle nehmen keine Rücksicht auf ein Hochwasser.

Wer sich Informationen zu Hochwasserereignissen beschaffen will, kann dies unter www.iug.bayern.de oder www.hnd.bayern.de tun.

Erich Reis, Heinz Janson

Hochwasser im ehemaligen “Karpfengarten”

2019_08_01