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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Die Mainhölle - Versuch einer Namensdeutung

Nördlich Obernburgs steht der “Mainhölleberg”; “Buchhölle” heißt der Bergabhang südlich Obernburgs (beim Schützenhaus) oder der Hang oberhalb der äußeren Mühle zwischen Seckmauern und Wörth, eine “Sommerhalle” und eine “Winterhalle” findet man im Obernburger Stadtwald.

“Mainhölle und Bildermeer” heißt der Kulturpfad des Archäologischen Spessartprojekts in Bürgstadt. Die Mainhölle auf dem schmalen Uferstreifen gegenüber von Bürgstadt ist bereits in der Pfinzingkarte vom Spessart (um 1600) als Steinbruch ausgewiesen.

Die “Hölle” als Bestandteil von Flurnamen gibt es aber auch anderswo. Die Reihe der Beispiele im Maintal, aber auch im Spessart (der Höllhammer!) ließe sich beliebig fortsetzen.

Was aber bedeutet “Hölle” in diesen Flurnamen?

Die Bergeshalde
Die Bezeichnung “Hölle” bindet offenbar mehrere Bedeutungsebenen zusammen: Eine vordergründig-sachliche und eine symbolisch-wertende.

In allen genannten Fällen handelt es sich um - meist steile - Abhänge zwischen Berg und Fluss (bzw. Tal), die als “Halde” bezeichnet wurden. Die Buchhöllen in Obernburg oder Wörth hießen früher nachweislich Buchhelde, -halde oder -halle. Bei Soden gibt es eine “Hahle”, im Röllbacher Weistum von 1559 ist von einer “bachhelde” die Rede, die zu den Furten über den Röllbach hinunter führt; südlich Obernburgs findet man die Zwillinge Sommer- und Winterhalle.

(Übrigens: Der erste Namensteil von “Buchhölle” lässt sich durch den Buchenbaum oder aber durch “buoc” = Biegung erklären.)

Die “Halde” als Bezeichnung für einen Berghang ist allmählich aus der Umgangssprache verschwunden und lebte nur noch in poetischen Texten als “Bergeshalde” fort. Die veraltete Bezeichnung ist deshalb gerne an geläufigere und bekannte Wörter des täglichen Sprachgebrauchs angeglichen worden. Diese “volksetymologische Angleichung”, die aus dem Mautturm bei Bingen den “Mäuseturm” oder aus der Lusen-Eiche die “Lauseiche” machte, ließ die ”Halde” entweder mit der “Halle” oder mit der “Hölle” verschmelzen.

Die Hölle
Gerade die weit verbreitete und von vielen Menschen verinnerlichte Vorstellung von der Hölle, die in Bildern (wie in der Martinskapelle in Bürgstadt) und Predigten permanent vor Augen gestellt worden ist, diente häufig als (oft auch übertriebener) Vergleich für alles, was ungemütlich, dunkel, gefährlich oder Verderben bringend war.

So wurde - nach dem Wörterbuch der Gebrüder Grimm - eine “enge, wilde Gegend” gerne mit der Hölle assoziiert. So tragen in manchen Städten die Straßen hinter der Stadtmauer, in die nur schwer Licht und Sonne gelangten, diesen Namen. Der dunkle Raum im Vorderschiff, in dem Material untergebracht worden ist (und oftmals auch der Schiffsknecht kampiert hat) wurde als “Hölle” bezeichnet. Im Schwarzwald gibt es das berühmte Höllental und im Spessart den Höllengraben, der vom Höllenberg hinunter zum Höllhammer führt.

Dass diese Häufung von Teuflisch-Dunklem und Höllischem nicht nur landschaftlich, sondern auch symbolisch oder theologisch gesehen wurde, belegt die Sage von der Entstehung des Klosters Himmelthal, in der sich der Graf von Rieneck mit dem Bewohner des Höllenturms auseinandersetzt.

Es gibt noch einen anderen Vergleich aus der damaligen Lebenswelt, der gerade für die Mainhölle bei Bürgstadt herangezogen werden kann, die auf einem engen Uferbereich zwischen Berg und Fluss eingezwängt war: “Hölle” bezeichnete den kleinen Zwischenraum zwischen dem Stubenofen und der Wand. Als der junge Johannes Butzbach am ersten Abend seiner strapazenreichen Wanderung (die ihn bis nach Böhmen führte) in Külsheim von seinem Begleiter brutal ausgenutzt wurde, der es sich mit Zechkumpanen mit Johannes' Reisegeld gut gehen ließ, fragte die Wirtin: “Wo ist denn der Kleine, der mit Euch gekommen ist?” Sie bekam zur Antwort: “Ich denke, er ist da hinter dem Ofen in der Hell”.

Wurde die Mainhölle schließlich so genannt, weil die Knochenarbeit in den Steinbrüchen, die häufig Staublungen verursachte und zu Verletzungen führte, die Hölle war? Diese Vorstellung mag bei der Namensgebung sicherlich auch mitgeschwungen haben.

Die Mainhölle ist also ein Bergabhang, der steil zum Fluss oder zum Bach hin abfällt und häufig nur einen schmalen Uferstreifen zulässt. Die wilde Felsenlandschaft und die höllischen Arbeitsbedingungen bei der Bürgstädter “Mainhölle” versahen den Namen mit zusätzlichen Bedeutungsnuancen. (Nur die “Halde” als Abraum scheint keine Rolle gespielt zu haben.)
 

Dr. Werner Trost